Sie rufen zu Gottesdienst wie Mittagessen und reißen verwöhnte Städter früh aus dem Schlaf: Der kräftige Klang von Kirchenglocken ist vor allem im ländlichen Raum das akustische Markenzeichen der Gemeinden. Manche klingen noch nach 500 Jahren gut, an anderen nagt schon bald der Zahn der Zeit: Kirchenglocken sehen zwar robust und mächtig aus, sind aber hochsensibel. Auf eine hundertstel Tonhöhe genau sollen die bis zu 24 Tonnen schweren Klangkörper klingen, weit oben im Kirchturm versteckt, winters wie sommers, jahraus, jahrein.
Eine Materialfülle, die besonders in Kriegszeiten Begehrlichkeiten weckte: Jahrhundertelang machte man aus diesen wuchtigen Bronzepreziosen immer wieder schnöde Waffen. Neue Glocken waren dann mangels Geld ein billiger Ersatz: Meist aus profanem Eisenhartguss, sahen sie nicht nur ziemlich bald schlecht aus, sie drohten dann auch zu zerplatzen. Wie in Schönberg, das 1947 zwei zwar neue, aber eben wenig haltbare Glocken erhielt.
2017 war nun Schluss mit der Notlösung, drei neue Glocken wurden bestellt, diesmal aus wertvoller und klangstarker Bronze. Dazu gesellten sich zwei renovierte Bronze-Oldtimer: Seit gut 500 Jahren gehören sie zum Schönberger Gotteshaus. Erst hingen sie in der inzwischen abgerissenen Schlosskirche, später – dann aber stumm – in der Südfassade des aktuellen Gotteshauses.
Viel Arbeit also für eine der renommiertesten Glockengießereien Deutschlands mit Sitz im hessischen Sinn. Hier wird seit schätzungsweise 400 Jahren gegossen, genau lässt sich das nicht mehr rekonstruieren. Fest steht allerdings, dass die Familie von Hanns Martin Rincker inzwischen in der 14. Generation im Glockengeschäft tätig ist. Seit Beginn der Aufzeichnungen wurden hier mehr als 20.000 Glocken produziert, unter anderem für die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin, den Hamburger Michel, den Wormser Dom und: die St.-Jakobus-Kirche in Schönberg.